Schneesichere Röhre


Von Christof Wagner 24.06.2007   © Der Sonntag

Die Idee einer Skihalle in Todtmoos sorgt zunehmend für Wirbel in der Region

Auf Schnee im Schwarzwald ist kein Verlass mehr. Jetzt will sich die Gemeinde Todtmoos von Mutter Natur unabhängig machen, mit einer Skihalle, in der man auf Kunstschnee das ganze Jahr über fahren kann. 30 Millionen Euro soll die Halle kosten. Der örtliche Skiclub, der die Idee dazu hatte, steht angeblich schon in Verhandlungen mit Investoren. Der Gemeinderat hat mit großer Mehrheit zugestimmt. Umweltverbände und grüne Politiker aber laufen Sturm dagegen.

Inzwischen hat sie auch einen Namen: "Snow World 365". Die Zahl steht vermutlich für die 365 Tage des Jahres, an denen man dann in Todtmoos Ski fahren kann. Sonst existiert noch nicht viel, nur ein paar Zeichnungen, auf denen ein röhrenförmiges Gebilde sich den Hang hinunterschlängelt. Sie lassen die Dimensionen des Vorhabens nur schwer erahnen. 650 Meter lang, 35 Meter breit und 18 Meter hoch soll die Skihalle am 1263 Meter hohen Hausberg von Todtmoos dem Hochkopf, werden. Damit würde sie in Länge und Breite sogar die in Bottrop im Ruhrgebiet toppen, die aktuell mit 640 Meter Länge und 30 Meter Breite die größte Skihalle der Welt ist.

Skihallen gibt' es bereits im Rheinland, in Norddeutschland und den neuen Bundesländern. Entweder haben sie ein großes Ballungsgebiet im Rücken oder sie liegen direkt an Autobahnen. Eine Skihalle in der 2000-Einwohner Gemeinde Todtmoos wäre nicht, nur die erste in einem klassischen Skigebiet, sondern auch in einem strukturschwachen ländlichen Raum, der mit öffentlichen Verkehrsmitteln fast gar nicht und: mit dem Auto nur schwer zu erreichen ist.

Die beiden Vorstände des Skiclubs, Josef Faschian und Sepp Zimmermann, wollen sich in der Öffentlichkeit bis auf weiteres nicht mehr äußern. In früheren Äußerungen aber haben sie die Idee als Chance gerade für den strukturschwachen Südschwarzwald verkauft. Die jungen Leute, wie es Zimmermann in einem Fernsehinterview formulierte, hätten damit wieder echte Perspektiven zu Hause und müssten nicht mehr in die weite Welt hinaus.

Nichts mehr zum Projekt sagen wollen er und Faschian vermutlich vor allem deshalb, weil ihre Idee, kaum dass sie vorgebracht worden war, schier in der Luft zerrissen wurde. Rhetorisch außerordentlich scharf geschossen hat der Vorsitzende des Landesnaturschutzverbandes Baden- Württemberg, Reiner Ehret. Der geißelte das Vorhaben in einer Pressemitteilung als "klimapolitischen GAU", als "Größten Anzunehmenden Unfug" sowie als "Energie fressendes und Landschaft zerstörendes Wahnsinnsprojekt".

Zwar hat er sich hinterher für die Wortwahl entschuldigt. Doch in der Sache bleibt der Dachverband für 34 Natur- und Umweltschutzvereine im Land dabei: Die Skihalle am Hochkopf sei "weder aus, ökologischer noch aus landschaftlicher und nicht einmal aus wirtschaftlicher Sicht vertretbar". Jetzt hat sich auch der grüne Freiburger Landtagsabgeordnete und tourismuspolitische Sprecher seiner Fraktion, Reinhold Pix, in die Debatte eingeschaltet. Als Grüner hegt er natürlich auch vor allem ökologische Bedenken. Wo sollen die, 500 000 Besucher jährlich parken? Auf welchen Straßen sollen sie fahren?

Die Zahl 500.000 stimmt nicht von Pix. Errechnet hat sie die Deutsche Gesellschaft für Immobilienfonds (DEGI). So viele müssten mindestens kommen, um die Wirtschaftlichkeit einer derartigen Anlage zu sichern. Die DEGI nennt 30 Millionen Euro Investitionskosten eher als Untergrenze und spricht vom Problem der "mangelnden Zweitverwendungsfähigkeit" einer solchen Immobilie. Das heißt: Sollten die Betreiber pleitegehen, steht die Halle da und keiner weiß etwas damit anzufangen.


Große Stromfresser

Aus dem Betrieb bestehender Anlagen weiß man auch, welche Stromfresser das. sind: Sie verbrauchen pro Jahr rund fünf Millionen Kilowattstunden. Auch über das Nutzerverhalten gibt es viele Daten. Die DEGI schreibt: "Die wesentlichen Umsatzträger sind nicht primär die "schneeorientierten", sondern sekundäre Einrichtungen wie die Gastronomie. In den bereits bestehenden Hallen nutzt mehr als die Hälfte der Besucher das sportliche Angebot gar nicht, sondern nimmt lediglich die Erlebnisgastronomie in Anspruch".

Todtmoos muss sich also fragen: Welche Bedürfnisse haben die Touristen, die zu uns kommen? Was ist mit den vorhandenen Skipisten? Wer leidet unter der Anlage, wenn die halleneigene Gastronomie den Großteil der Besucher abfüttert? Bürgermeister Herbert Kiefer will sich diesen Fragen stellen: "Wir haben bisher nur eine Grundsatzentscheidung gefällt, die Diskussion beginnt ja erst."

2005 hat der Skiclub seinen 100. Geburtstag gefeiert. Damals soll Regierungspräsident Sven von Ungern-Sternberg in seiner Festansprache die Todtmooser auf die Idee gebracht haben. Die sollten den Vorschlag aber mit Vorsicht genießen. Vor drei Jahren hat das Regierungspräsidium schon einmal eine Skihalle, die in SasbachwaIden. (bei Achern), genehmigt.

Wenig später musste sich die Behörde einer Entscheidung aus Stuttgart gegen die Halle beugen. Derlei könnte in Todtmoos nicht passieren, sind sich die dortigen Skifunktionäre sicher. Denn ihre Halle solle nicht kastenförmig werden wie die in Sasbachwalden, sondern sich als Röhre der Landschaft anpassen. Jörg Gantzer, Erster Landesbeamter beim Landratsamt Waldshut, räumt "Snow World 365" ,dennoch keine großen Chancen auf Genehmigung ein - mit Hinweis auf Sasbachwalden.